Analphabetismus in Deutschland

Für viele ist es kaum vorstellbar, dass wir in Deutschland tatsächlich Analphabeten und funktionale Analphabeten haben.
Funktionaler Analphabetismus, auch „Illetrismus“ genannt, bedeutet, dass diese Menschen zwar die Buchstaben kennen, einzelne Wörter schreiben können, aber sobald es ein längerer Text ist, tauchen die Schwierigkeiten auf. Diesen können sie teilweise gar nicht lesen, der Sinn erschließt sich nicht usw. Teils können nicht einmal kurze Sätze geschrieben werden. Im Grunde heißt das für diese Menschen, dass sie im Alltag zwar etwas einfacher durchkommen als Analphabeten, aber im Grunde auf die gleichen Schwierigkeiten stoßen.
Wie viele Analphabeten oder Analphabeten und funktionale Analphabeten wir hier in Deutschland haben, kann nur geschätzt werden. Laut der „Leo. Level One Studie“ der Universität Hamburg sind etwa 14%, also 7,5 Millionen Menschen, im erwerbsfähigen Alter funktionalen Analphabeten. Hier ein Link zu dieser Studie: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo/files/2011/12/leo-Presseheft_15_12_2011.pdf [Anmerkung 06.03.2021: Link entfernt, da die Studie dort nicht mehr zu finden ist.]
An diesen Punkt habe ich, als ich diesen Blogeintrag schreiben wollte, gar nicht gedacht: „Fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuchlichen Wortschatzes zeigt sich bei weiteren fünfundzwanzig Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, dies betrifft vor allem die Rechtschreibung.“ (in diesem pdf, unter Punkt 1.1)

Bevor ich als Dozentin bei einem Bildungsträger anfing, also vor Mitte 2009, hörte ich davon zwar mal, aber dass es tatsächlich so viele Menschen sind, das hätte ich nie geglaubt.

Hey, ich habe Abi gemacht, das Lesen war und ist mein Hobby, dieses Kind da links (nur halt weiblich) hätte ich sein können. Als ich Mitglied der Stadtbücherei Bad Kreuznach wurde, war das für mich so etwas wie der Beitritt ins Paradies – endlich genug zum Lesen. Den Lesenotstand hatte meine Mutter schon zu spüren bekommen, als ich nicht einfach nur sämtliche Zettel früher gelesen habe, die rumlagen, sondern glatt noch das Wörterbuch verschlungen habe. Im ersten oder zweiten Schuljahr der Grundschule… Und meine Freundinnen und Freunde? Die waren genauso schlimm.

Mein jüngerer Bruder hatte Schwierigkeiten – aber aus Interessenlosigkeit. Das wurde spätestens dann sehr deutlich, dass es nur daran lag, als er mein Physikbuch stibitzte und das als normaler Lektüre benutzte, weil da „so viele Experimente und spannende Sachen drin stehen“.

Also: Wie soll so eine Leseratte wie ich tatsächlich auf die Idee kommen, dass da draußen Menschen rumlaufen, die theoretisch hätten lesen lernen können, es aber nicht können? Oder kaum können?

Ich glaube, vielen „gebildeteren“ Menschen geht es so. Schlecht lesen und schreiben können, das kommt vor. Aber gar nicht?
Während all der Maßnahmen habe ich nur vereinzelte echte Analphabeten getroffen. Einige davon kommen aus anderen Ländern, in denen auch ein komplett anderes Schriftsystem verwendet wurde, diese sind aber meist in der Minderheit und oft dankbar für jede Hilfe. Sie stehen offen zu dieser „Schwäche“ und bleiben gewöhnlich nicht lange Analphabeten. Die deutschen Analphabeten hingegen versuchen meist, das zu überspielen – „Brille vergessen“ ist eine häufig benutzte Ausrede. Ihnen ist es peinlich, für Hilfe sind sie oft auch sehr dankbar, wobei einige auch mit „Ich bin eh zu alt, um das noch zu lernen.“ ankommen. Das „zu alt“ wird auch schon mit Anfang 20 vorgebracht. Clever sind sie trotzdem: Ein Teilnehmer brachte es fertig, wenn etwas zu lesen war und eine anschließende Diskussion folgte, Seiten in einem bestimmten Rhythmus umzublättern, manchmal auch zurück, als ob er nochmals etwas nachlesen wolle, und dann bei den Diskussionen erst zuzuhören, als ob er all die Argumente der anderen hören wollte. Dann stieg er in die Diskussion ein.
Funktionale Analphabeten sind wesentlich häufiger und fallen im ersten Moment oft gar nicht auf. Hinweis bei ihnen und bei echten Analphabeten ist gewöhnlich die Unterschrift, die eher wie ungelenk gemalt aussieht – solch eine Unterschrift können jedoch auch Menschen haben, die selten schreiben, also nicht zu schnell in eine Schublade packen. Bisher habe ich mehr männliche als weibliche funktionale Analphabeten getroffen, wobei ich leider etliche Männer „erwischte“, die dies nur vorgaben, um sich vor irgendwelchen Aufgaben zu drücken. Das ist allgemein auffällig: In den Maßnahmen scheinen mehr Frauen lern- und veränderungsbereit zu sein als Männer.

Also: Es gibt sie tatsächlich! Viele sind dankbar, wenn man sie auf kostenlose Bildungsangebote aufmerksam macht, wo sie in einer geschützten Umgebung – als in Kleingruppen oder Einzelbetreuung – lesen und schreiben lernen können. Kurz ins Internet geschaut und man findet gleich in der Umgebung zahlreiche Angebote. Das Problem ist nur: Wir Lesekundigen finden diese Angebote. Diejenigen, die es betrifft, können es nicht einmal lesen und bekommen daher meist von diesen Möglichketen nichts mit! Und da sich viele aufgrund der Vorurteile nicht trauen, sich an andere zu wenden, haben wir hier einen Teufelskreis, der manchmal erst durch eine Zwangsmaßnahme oder irgendein anderes Angebot durchbrochen wird, das fernab des normalen Alltags dieser Menschen ist. Denn in diesem kommen sie meist durch Geschick unentdeckt gut zurecht.

Somit ist auch das hier wieder der falsche Weg, aber vielleicht hilft trotzdem die wilde Verteilung solcher Informationen weiter. 😉

Angebote in Bad Kreuznach:
Lernzentrum Bad Kreuznach Tel.: 0671 9200143
Lerncafé Bad Kreuznach Tel.: 0671 8382819
VHS Bad Kreuznach Tel.: 0671 800766

Angebote in Bingen:
VHS Bingen am Rhein Tel.: 308850
Auch in Bingen gibt es ein Lerncafé. Einfach bei der VHS Bingen nachfragen!

Allgemein in Rheinland-Pfalz:
Lerncafés GrubeNetz
Dort sind für verschiedene Städte die Ansprechpartner aufgelistet.

Probedruck ist bestellt

Ja, bald gibt es das Büchlein auch als Druckausgabe. Da es etwa DIN A5 groß ist (also ein etwas größeres Format als meistens die Taschenbücher in Deutschland haben, für die USA ein „normales“ Format) sind es 109 Seiten. Allerdings zählen dazu auch die Titelseite, das Inhaltsverzeichnis, die Danksagung  und das Urhebergedöns.

Bevor die Druckausgabe erhältlich ist, will ich mir den Probedruck ansehen, bevor ich am Ende noch Leute mit einem fehlerhaften Druck verärgere.

Wow, habe echt nicht damit gerechnet, dass ich irgendwann ein Buch veröffentliche. Irgendwie bin ich gespalten: Einerseits bin ich stolz, das endlich (!) mal umgesetzt zu haben, andererseits befürchte ich, dass es keinen interessiert oder der Kurzroman total verrissen wird. Verrückt? Ich weiß nicht. Vielleicht geht das jedem Schriftsteller so.

Einige Fehler werde ich beim nächsten Buch auf jeden Fall nicht wiederholen: Zeit für Feedback und Korrekturen unterschätzen, Zeit für das Bearbeiten der Druckvorlage unterschätzen usw. Vor allem kenne ich jetzt einige Macken vom Writer wie die, die mich zum Verzweifeln brachte – beim Speichern und neu Öffnen wurden etliche Formatierungen zerschossen und ich „durfte“ nochmals alles machen. Beim nächsten Mal weiß ich es, was auch Zeit sparen wird. Aber es ist geschafft!

Noch ein Feedback…

… und die Überarbeitung des Kurzromanes kann beginnen (sonst fange ich mehrmals an), dann dauert es auch wirklich nicht mehr lange, bis er erscheint.

Ihr seht links Kerstin und ihren treuen Gefährten Moritz. Die beiden spielen die Hauptrolle im Roman.

Nun gut, ursprünglich war es nur Kerstin, aber auf Samtpfoten schlich sich Moritz immer weiter mit hinein in die Geschichte. Liegt vermutlich daran, dass er ein charmanter, gutaussehender Kater ist. Wer kann da denn schon widerstehen?

Kurzroman – die Rohfassung ist fertig

Der Roman ist ein Kurzroman geworden, vor allem nachdem ich ihn nochmals gekürzt habe. Wer will schon als Leser ein Buch lesen, das künstlich in die Länge gezogen wird? Dann lieber weniger Seiten, oder?
Gerade bin ich beim Korrekturlesen und Umformulieren (bzw. kürzen). Habe diese Arbeit etwas unterschätzt, wie ich zugeben muss. Aber egal, bald nerve ich damit meine Testleser – und dann… …auf zur Veröffentlichung. 🙂
Mehr Infos folgen, sobald ich fertig bin mit den Korrekturen.