Heute habe ich die E-Klausur in Kunstgeschichte hinter mich gebracht. Hinter mir liegen viel Lernerei, Ärger auf der Arbeit und permanente Müdigkeit. Donnerstag ist die nächste Klausur fällig, vor der ich aber nicht so viel „Angst“ (ist eigentlich der falsche Begriff, „nervös“, „unruhig“, „zweifelnd“ etc. beschreiben das Gefühl besser) habe. Ohne lernen hätte ich die E-Klausur auf jeden Fall nicht schaffen können. Eine Eins wird das schon mal nicht, aber eine Vier ebenfalls nicht. Wenn es „nur“ eine Drei wird – was soll’s? Wofür setze ich mich selbst so unter Druck, wenn ich Kunstgeschichte aus purem Interesse und Vergnügen gewählt habe?
Ich habe viel gelernt und viel entdeckt. Außer mir mal die eine oder andere Kirche angesehen, habe ich mich vorher nie groß mit der Kunstgeschichte des Mittelalters beschäftigt.
Nun, in einem Punkt hat sich meine Meinung nicht geändert: Ich wundere mich immer noch über diese dämlichen, fanatischen Idioten, die all das Wissen der Römer und Griechen verleugnet haben, nur weil diese keine Christen waren. Gerade das frühe Mittelalter im westlichen Europa ist für mich ein Paradebeispiel in welche Bildungsferne und Unwissenheit religiöser Eifer führen kann, in welche Abhängigkeiten die Menschen geführt werden und welche Rückschritte sich auch in der Kunst finden lassen. Es ist eher erstaunlich, dass nach und nach kluge, freier denkende Köpfe den Weg für mehr Wissen und Freiheit, worunter ich auch die Kreativität verstehe, bereiten konnten. Wieder. Auch wenn Byzanz ebenso christlich war, ließ es nicht all die Errungenschaften der Vergangenheit verkommen. Die orthodoxen Christen waren eindeutig klüger.
Klar, oft kommen die Argumente „das römische Reich ist untergegangen“. Nee, wenn schon, dann nur Westrom, Ostrom bestand bis 1453. Unter einem „Untergang“ verstehe ich obendrein etwas anderes als den allmählichen Zerfall durch verschiedene Interessengruppen, einfältige Eitelkeit, falschen Stolz, Verleugnung des Wissens, der festen Überzeugung, das sei nun ein „höheres Zeitalter, weil Gott viel näher“ und dem Warten aufs jüngste Gericht. Ja, klar, wenn ich eine Weltuntergangssekte bestimmen lasse, dann sind Abwasserkanäle und Wasserversorgung, Hygiene, Bildung etc. natürlich unwichtig. Die orthodoxen Christen hingegen orientierten sich mehr im Diesseits, denn der Bestand Ostroms und das Christentum gehörten für sie zusammen, also kein Grund, jetzt alles verkommen zu lassen. Die römisch-katholischen Christen lernten immer wieder von den Byzantinern, erhielten neue Impulse usw. Sie hätten auch von den Arabern lernen können, aber Bücherverbrennungen sind ja scheinbar viel interessanter. Als großes Dankeschön für all die Jahre Entwicklungshilfe verpassten dann die Christen des ehemaligen Westroms Ostrom dann noch einen Dolchstoß nach dem anderen. Neid, Ignoranz, Hinterhältigkeit und Machtgier treffen auf mangelnde Bildung, wenig vorausschauendes Denken und „Unmenschlichkeit“, die leider allzu menschlich ist. Daran ändert auch die mantraartige Wiederholung, das Christentum stünde für Ordnung, Recht, Barmherzigkeit, Nächstenliebe und Gleichberechtigung (!!!???), absolut nichts. Spätestens, wenn dann noch die Demokratie als christliche Errungenschaft präsentiert wird, muss ich an mich halten, dass ich mich nicht vor Lachen kringele.
Natürlich, meine Meinung ist sehr persönlich. Es darf mir dementsprechend widersprochen werden.
Sooooo, und nun höre ich mal wieder auf mit dem Gedankenspielchen. Erschreckend ist daran einfach nur, dass sich Geschichte ständig wiederholt. Zurück zu den Klausuren!
Über eines bin ich froh: Da ich nebenberuflich studiere, ist zwar schon insgesamt mehr Stress angesagt, aber die Klausuren häufen sich nicht so extrem wie bei anderen Studenten. Nachdem ich diese zwei Klausuren geschafft habe, fehlen nur noch der Praktikumsbericht und der Prüfbogen zu meiner Vorlesung über Byzanz bis zum makedonischen Zeitalter. Ich freue mich auf Byzanz. 🙂